Pädophile knüpfen in Chatrooms Kontakte

08.12.2011 22:04

Sexuelle Belästigung im Internet ist kein Einzelfall – Polizei rät, persönliche Daten nicht leichtfertig preiszugeben

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Pädophile knüpfen in Chatrooms Kontakte

Von Verena Schiegl

Aalen „Hi, hast Du eine Webcam?“ Was vordergründig als normale Frage anmutet, kann wie im Falle einer Heubacher Schülerin sehr schnell in sexuelle Belästigung umschlagen. Das Mädchen gelangte über eine Internetadresse, die derzeit unter mehreren Heubacher Schülerinnen kursiert, in einen Chat, der für jeden zugänglich ist – eine Alterskontrolle oder Passwort sind nicht erforderlich. Von dort aus wurde sie auf Kontaktseiten gelotst, wo sich vorwiegend Männer tummeln, die von den Mädchen sexuelle Handlungen erwarten, selbst vor der Kamera onanieren und die Mädchen zu ähnlichen Handlungen auffordern. „Dieser Fall ist sicher kein Einzelfall, er war lediglich einer von wenigen, die angezeigt werden“, sagt der Pressesprecher der Polizeidirektion Aalen, Bernhard Kohn.

Ein Date mit Folgen

„Im Internet sind Kinder und Jugendliche häufig Freiwild für Pädophile, die Chaträume nutzen, um Kontakte zu knüpfen“, sagt Kohn. Im vorliegenden Fall ist das Ganze nochmals gut gegangen – hier ging es um die verbale und per Webcam visuelle Befriedigung. Das Vorgehen der männlichen Chatpartner, die vom Ausland aus agieren, sei relativ simpel gewesen. „Nach einem kurzen Vorgeplänkel ging es gleich zur Sache und es war eindeutig, auf was die Männer hinauswollen. Insofern sind die Mädchen auch recht schnell ausgestiegen“, sagt Kohn. In anderen, weitaus gravierenderen Fällen geben sich Männer als Teenager aus, versuchen mit Mädchen anzubandeln und ihr Vertrauen zu erschleichen, um sich letztendlich dann mit ihnen zu verabreden – ein Date, das schwer wiegende Folgen haben kann.

„Was sexuelle Belästigungen via Internet anbetrifft, ist die Dunkelziffer hoch“, sagt Kohn. Nur wenige Fälle werden angezeigt. Was vorwiegend gemeldet wird, seien insbesondere Fälle unter dem Stichwort Cyber-Mobbing, in denen Menschen übers Internet oder Chatrooms diffamiert werden. Die mangelnden Anzeigen ließen aber nicht den Schluss zu, dass sexuelle Belästigung von Kindern und Jugendlichen kein Thema ist, vielmehr sei davon auszugehen, dass sie im Internet zum Alltag gehört. Laut einer Studie, die Kohn zitiert, haben sieben von zehn Kindern und Jugendlichen im Internet Kontakt zu unseriösen sexuellen Angeboten.

Das neue, mittlerweile schon alte Medium, ist nicht nur jedem zugänglich, sondern auch ein Tummelplatz, um Straftaten zu begehen. Fälle, die sich im Internet ereignen, aufzuklären und an die Täter heranzukommen, sei für die Polizei schwierig. Vor allem, wenn der Server, wie im Heubacher Fall, im Ausland betrieben wird und die Polizei auf die Hilfe der im jeweiligen Land zuständigen Behörden angewiesen ist. Auf solche Seiten zu gelangen, sei ein Kinderspiel, sagt Kohn. Die Neugierde und der Reiz des Verbotenen seien bei Teenagern der Hauptgrund, diese anzuklicken. Viele bewegen sich auch zu unbedarft im Internet und geben zu leichtfertig persönliche Daten preis – diesbezüglich denkt Kohn auch an das mittlerweile gesellschaftsfähige Social Network Facebook. Hier müsste sich jedoch auch jeder bewusst sein, dass das, was er einmal ins Internet einstellt, daraus nie mehr verschwindet und von jedem verwendet werden kann – auch missbräuchlich.

Die Polizei klärt mit ihren Präventionsexperten in Schulen regelmäßig über die Gefahren im Internet auf. Aber auch die Eltern seien gefordert, ihren Kindern ein Stück weit Medienkompetenz zu vermitteln und vor allem jüngeren Kindern Grenzen zu setzen. „Genauso wie auf der Straße bedarf es im Internet einer Art Führerschein, um verantwortungsbewusst mit dem Medium umzugehen, mit dem Ziel, genauso wie im Straßenverkehr Verletzungen zu vermeiden“, sagt Kohn.

(Erschienen: 08.12.2011 19:00)

Quelle:https://www.schwaebische.de/region/ostalb/aalen/stadtnachrichten-aalen_artikel,-Paedophile-knuepfen-in-Chatrooms-Kontakte-_arid,5174437.html